Für Ali As hätte 2016 nicht besser laufen können: Sein Album »Euphoria« landete auf Platz 6 in den Charts, die Single »Lass Sie Tanzen« mit Namika erreicht ein gutes Jahr nach Release den Goldstatus, er arbeitet mit Kollegah und MoTrip zusammen und erspielte sich mit über 60 Shows in einem Jahr einen Namen als Live-Rapper erster Güte. Nun, auf dem Papier liest sich das alles ganz wunderbar – und trotzdem stimmte rückblickend betrachtet irgendetwas nicht.
»Mitte 2016 ging es mir richtig scheiße«, blickt Ali As zurück. »Ich war am Ende.«.
Der Grund: ein beinahe wahnsinniger Workload: Ali As reißt Show nach Show ab, geht in Gedanken schon das neue Album an, schreibt mit Pop-Acts deren nächsten großen Hits. Die Folge: Er wird von Schlafstörungen geplagt, bekommt manchmal nur zwei Stunden pro Nacht die Augen zu.
Nicht gerade die besten Voraussetzungen, um am Nachfolger für ein Top-Ten-Album zu arbeiten.
Ali macht es trotzdem. Nach dem Ali sich für »Euphoria« nach Hawaii zurückzog und sich von der dortigen Umgebung inspirieren ließ, prägt Los Angeles selbstredend auch den Entstehungsprozess von »Insomnia«. Ali kurvt mit Luxuskarossen durch die Hollywood Hills. Er lässt den Vibe der leuchtenden Stadt im Tal auf sich wirken – und auf einmal klappt auch das mit dem Schlafen wieder besser.
Das mit der neuen Musik sowieso. Neben David und Eli helfen auch The Cratez dabei, den Sound der beiden Vorgängeralben noch mal auf ein gänzlich neues Level zu hieven. Herausgekommen sind Songs, die ihresgleichen suchen. »›Amnesia‹ war das bessere Album und ›Euphoria‹ hatte die krasseren Hits – für ›Insomnia‹ haben wir beides vereint«, sagt Ali As sichtlich stolz. »Und dazu kommt: Ich bin auf dem neuen Album das erste Mal so sehr bei mir selbst wie noch nie zuvor.«
Aber anstatt die Emo- Schiene zu fahren und auf die Tränendrüse zu drücken, verpackt Ali seine Selbsterkenntnis in lupenreine Reimpattern und bettet sie nie pathetisch aber stets pointiert auf High-Class-Produktionen. Klar wird auf »Stuntman« geflext, aber eben nicht nur. Natürlich ist »Mercedes« eine Lobeshymne auf Luxuskarossen, aber eben nicht nur. Mag sein, dass »Cobra Kai Dojo Style« lyrisches Kung Fu liefert und Ali As mit »Jasmina« einen der Sommerhits schlechthin liefern wird. Solche Dinge hat er immer schon getan. Aber zwischen und in den Zeilen schwingt etwas mit, dass mehr ist als Braggin’ and Boastin’, mehr ist als nur Battlerap.
»Ich gebe den Leuten nicht das, was sie verlangen oder was gerade angesagt ist, sondern machen die Musik, von der ich glaube, dass sie sie brauchen. Gerade in einer Zeit, in der junge Kids mit Drogen Eskapismus betreiben, die AfD immer stärker wird und von Aleppo bis Alessio alles scheiße ist, muss man sich überlegen, was man sagen will. Wie kann man den Kids da erzählen, dass man Leute absticht? Mag sein, dass das dein Portemonnaie dicker macht – aber die Welt wird davon kein Stückchen besser.«